Freitag, 3. Oktober 2014

Marxismus heute

Marxismus heute.

Nach einer spannenden Diskussion mit einem Kollegen schien es mir sinnvoll, noch einmal etwas zum Marxismus zu schreiben, damit der Artikel "Money vs. Services" nicht falsch verstanden wird.

Die Überbetonung der Gleichheit in der kritischen/Marxistischen Theorie entsteht erstens aus der Annahme, dass "das Sein, das Bewusstsein bestimmt". Das klingt zwar gut, gibt jedoch der Ökonomie in der Menschheit einen zu großen Stellenwert. Nicht jede Handlung der Menschen ist durch ihre Existenzsucht begründet. Vielmehr sind die Sozialisation, die Sexualität, die Geographie und viele andere Faktoren unterbelichtet. Marx verschleiert diese Einseitigkeit, indem er die "Universalität" der Produktion und den Unterschied zur Natur, wie auch das "Gattungswesen" betont. Dennoch verharren alle Gedanken nur in diesen Kategorien. Des Weiteren unterschätzt dieser Ansatz die Wichtigkeit von Ideen, denn die Interpretation der Klassenverhältnisse selber ist eine Idee, die sich als solche nicht über andere stellen kann, sondern am Ende sich doch in den Grenzen der menschlichen Rationalität messen lassen muss. Wenn die Menschheit durch die Ökonomie geprägt wäre, dann wäre diese die wichtigste Stellschraube für jede Gerechtigkeitsüberlegung und gleichzeitig die Gleichheit das erstrebenswerteste Glück. Die Freiheit auf dem anderen Ende der hier vorausgesetzten dichotomen Werteskale wäre dahingegen die Freiheit der Wohlhabenden und nach Rousseau paraphrasiert die Lösung der "Zwang zur Freiheit in der Auflösung des Individuums im allgemeinen Willen". Diese Paradoxie entstellt den Marxismus zweitens auch historisch, wie es Frau Zehnpfennig zum Beispiel (wenn auch leicht) polemisch hier dargelegt hat.

Marx schreibt:

1. "Der Mensch ist ein Gattungswesen"
2. "Es ist vor allem zu vermeiden, die "Gesellschaft" wieder als Abstraktion dem Individuum gegenüber zu fixieren. Das Individuum ist das gesellschaftliche Wesen. "

3. "Der Tod scheint als ein harter Sieg der Gattung über das bestimmte Individuum und ihrer Einheit zu widersprechen; aber das bestimmte Individuum ist nur ein bestimmtes Gattungswesen, als solches sterblich."

Aus diesen Gedanken ist historisch die Gattung dem Individuum, und damit der Freiheit vorgezogen worden, wobei die Gleichheit als reduzierte ökonomische Kategorie, immer nur noch mehr Ungerechtigkeit erschaffen kann, denn Gleichheit gibt es nur im Recht, nicht im Sein.